Beratung und Begleitung im Kontext pränataler Diagnostik

Projektergebnisse


Empfehlung für einen interdisziplinären Betreuungsprozess

Mit der „Empfehlung für einen interdisziplinären Betreuungsprozess im Kontext von pränataler Diagnostik“ ist eine Maßnahme des Projekts zum Abschluss gekommen. Damit soll ein Beitrag zur optimalen Unterstützung werdender Mütter bzw. Eltern geleistet werden, die mit Pränataldiagnostik und einem auffälligen Befund konfrontiert sind.

Der Betreuungsprozess ist als Handreichung für ÄrztInnen konzipiert, die im Zuge pränataldiagnostischer Untersuchungen Auffälligkeiten beim Ungeborenen entdecken. ÄrztInnen können hier eine mögliche Vorgehensweise ablesen, um die Frauen und Paare bestmöglich zu betreuen.

Als Ergänzung zur medizinischen Betreuung werden außerdem detaillierte Informationen zu den Tätigkeiten anderer Berufsgruppen (Hebammen, psychosoziale BeraterInnen, Klinische PsychologInnen, Klinische SeelsorgerInnen) bereitgestellt. Ziel des interdisziplinären Betreuungsprozesses ist es, die Vernetzung der Berufsgruppen zu fördern und so die Qualität der Betreuung in aller Breite zu gewährleisten. 


Veröffentlichung der Forschungsergebnisse


Die von Melanie Novak für den ersten Teil ihrer Dissertation gewonnenen Forschungsergebnisse sind nun in einem Buchbeitrag zusammengefasst und veröffentlicht worden. Die hier identifizierten Einflussfaktoren auf die Entscheidung von Frauen angesichts eines auffälligen PND-Befundes bildeten die Basis für den Expertenworkshop im September 2015 (siehe Projektaktivitäten) und weiterführend für die Entwicklung von möglichen Maßnahmen zur noch besseren Unterstützung betroffener Frauen und Paare in Österreich (siehe oben):
   
Melanie Novak, „Will ich dieses Kind bekommen?“ Einflussfaktoren auf die Entscheidung angesichts eines auffälligen PND-Befunds in Österreich, in: Sigrid Müller/Piotr Morciniec (Hg.), Sigrid Müller/Piotr Jan Morciniec (Hg.), Pränataldiagnostik. Anregungen zum Weiterdenken, Wien 2017, 67-94. (Open Access Zugang ab September 2018: http://phaidra.univie.ac.at/o:538587)


Liste „Pränataldiagnostik: Beratung und Information bei auffälligem Befund in Österreich“ 

In der ersten Phase des Forschungsprojekts wurde das Beratungs- und Informationsangebot in Österreich recherchiert, um einen Überblick über vorhandene Hilfestellungen bei auffälligem PND-Befund zu bekommen und eventuelle Schwachstellen im Beratungsnetz ausfindig machen zu können.

In diesem Kontext wurden die gewonnenen Ergebnisse für die konkrete Situation in einer Liste zusammengestellt und in den letzten Wochen nochmals aktualisiert. Sie umfasst – ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit – folgende Bereiche:

• Psychosoziale Beratungsstellen mit spezieller PND-Beratung
• Humangenetische Beratungsstellen und pränatalmedizinische Zentren
• Online-Information zu PND und Behinderung allgemein
• Online-Information zu spezifischen Behinderungen
• Verzeichnisse von Selbsthilfegruppen.

Die Liste des Angebotes zu „Pränataldiagnostik: Beratung und Information bei auffälligem Befund in Österreich (Stand Dezember 2016) soll für Betroffene und Beteiligte sowie für Interessierte von Nutzen sein.    


Projektabschluss und Ausblick

Das Projekt „Beratung und Begleitung im Kontext pränataler Diagnostik“ startete im Herbst 2014 und läuft nun 2017 aus. Die Projektziele (siehe Projektbeschreibung) konnten mithilfe vieler wertvolle Gespräche mit unterschiedlichen ExpertInnen, die im Rahmen von Pränataldiagnostik Frauen und Paare begleiten, und dank der äußerst produktiven Zusammenarbeit mit der interdisziplinären ExpertInnengruppe verfolgt und so ein Beitrag zur Herstellung des bestmöglichen Beratungs- und Begleitungsangebots in Österreich geleistet werden.
Die Grundlage zu Projektbeginn bildete die Recherche des Beratungsangebots in Österreich, das in einer Liste zusammengestellt wurde und auf der Projekthomepage abrufbar ist. (siehe oben)
Weiters sind hier die Forschungsergebnisse zu den Einflussfaktoren auf die Entscheidung von Frauen angesichts eines auffälligen PND-Befunds zu nennen, die auch für zukünftige Projekte eine Grundlage darstellen können, worauf in der Beratung und Begleitung von Betroffenen Rücksicht genommen werde sollte. (siehe oben)
Schließlich ist mit der Handreichung für ÄrztInnen „Empfehlung für einen interdisziplinären Betreuungsprozess im Kontext von pränataler Diagnostik“ (siehe oben) eine Maßnahme für die Praxis entstanden, die für ÄrztInnen im Berufsalltag hilfreich sein soll und zudem die interdisziplinäre Vernetzung fördert.
Die Projektarbeit hinterlässt aufgrund des begrenzten Zeitrahmens und der begrenzten Ressourcen auch offene Desiderate, an denen es sich lohnen würde weiterzuarbeiten, da hier für Österreich noch Handlungsbedarf besteht: 

 Ein zentraler Punkt an dem es anzusetzen gilt, ist die fehlende Weiterbildung für Beratung bei Pränataldiagnostik. Momentan wird keine entsprechende und interdisziplinär organisierte Fortbildung dazu angeboten. Doch um in Österreich flächendeckend eine fachkundige Beratung gewährleisten zu können, ist es unbedingt von Nöten, eine neue Generation im Rahmen einer Weiterbildung für das Thema zu sensibilisieren. Derzeit gibt es bereits Bemühungen, um einen solchen Lehrgang zu installieren.

Nachtrag 2019: Das Anliegen einer Weiterbildung für Beratung bei Pränataldiagnostik konnte bei einem Masterprogramm des Postgraduate Centers der Universität Wien eingebracht werden. Der Lehrgang „Professionelle Interaktion und Counseling“ wird in Kooperation von Universität Wien und Medizinischer Universität Wien angeboten und startet im Oktober 2019. Ziel des Lehrgangs ist die Weiterentwicklung und Professionalisierung von Kommunikations- und Beratungskompetenzen. Die Beratung in ethisch anspruchsvollen und gesellschaftlich relevanten Themenfeldern wie ethische Beratung in Pränataldiagnostik soll so spezialisiert werden. Nähere Informationen finden Sie auf der Homepage des Postgraduate Centers, wo auch Termine für Infoabende zu finden sind:


 Eine Internetplattform, die Kontaktdaten zu speziell geschulten BeraterInnen unterschiedlicher Disziplinen bietet, wäre eine optimale Ergänzung zum interdisziplinären Betreuungsprozess. Denn einerseits könnten betroffene Frauen und Paare hier auf einfachem Weg Zugang zu dieser themenspezifischen Beratung in ihrer jeweiligen Umgebung erhalten, andererseits hätten aber auch ÄrztInnen und BeraterInnen die Möglichkeit, Kontakte ausfindig zu machen, um die Frauen nach Bedarf weiter zu verweisen. Alternativ wäre auch eine Hotline für Beratung in diesen speziellen Fällen vorstellbar, die ein sehr niederschwelliges Angebot für die Betroffenen darstellen würde.     
 Schließlich ist es für Entscheidungen rund um das Thema Pränataldiagnostik – besonders aber angesichts eines auffälligen Befundes – hilfreich, wenn sich junge Frauen und Männer bereits im Vorfeld mit dem Thema Schwangerschaft, PND und Behinderung auseinandergesetzt und ihre eigenen Haltungen dazu reflektiert haben. In diesem Sinne wäre es wünschenswert, wenn Schulworkshops, wie sie bspw. Vereine wie Aktion Leben oder ZOE anbieten, für ganz Österreich zugänglich wären und entsprechend beworben würden.