Ärztliche Indikationsstellung
Projektbeschreibung
Ärztliche Indikationstellung aus der Sicht einer theologisch-ethischen Theorie
Die ärztliche Indikationsstellung gilt als die genuine berufliche Aufgabenstellung der Ärzte. Durch die Patientenrechte und die Autonomie der Patienten*innen, die ökonomische Ressourcendiskussion und die Ziele der modernen Medizin mit ihren zahlreichen Handlungsmöglichkeiten wird die Frage nach dem sinnvollen ärztlichen Handeln seit einigen Jahrzehnten immer wieder aufgeworfen. Im Zentrum dieser Auseinandersetzung steht die wenig diskutierte Indikationsstellung, die die genuine Aufgabe der Ärzt*innen darstellt. Als in einem Reflexions-/Überlegungsprozess gewonnene ärztliche Urteilsbildung für das, was zum Wohl und Heil des Patienten erscheint, ist sie der einzige Punkt im ärztlichen Berufshandeln, wo ethische Überlegungen Eingang finden (F. Anschütz).
Die Untersuchung der ärztlichen Indikationsstellung aus theologisch-ethischer Sicht geht der Frage nach, ob die inhaltliche Struktur der ärztlichen Urteilsbildung mit der Struktur einer ethischen Urteilsbildung vergleichbar ist. Unter dieser Rücksicht können mehrere gemeinsame Aspekte erfasst werden, darunter vor allem die Interdisziplinarität, das Ziel des gelingenden Handelns und das verantwortungsgebundene Entscheiden in einem interpersonalem Geschehen (Arzt-Patienten-Verhältnis).
Im Licht theologisch-ethischer Theorie lässt sich die Indikationsstellung, in der der Arzt Standards medizinischen Handelns, die Festlegung von Behandlungszielen und die Übereinkunft mit den Interessen des Patienten zusammenführt, als wertgeleitetes Urteil beschreiben. Die Überlegungen orientieren sich an dem Ziel der Heilung oder Erhaltung der Lebensqualität eines konkreten Patienten.
Das Projekt leistet durch seinen Vergleich einen markanten Beitrag zum interdisziplinären Dialog zwischen Medizin und theologischer Ethik. Durch die Interpretation der medizinischen Indikationsstellung als wertgeleiteter Entscheidung wird das ärztliche Handeln als ein Handeln bestimmt, das notwendig ethische Abwägungen in sich trägt. Dadurch wird die enge Verwiesenheit von Medizin und Ethik aufeinander deutlich gemacht: Eine Medizin, die sich dem Wohl des Patienten verpflichtet weiß, kann ihre Ziele unter Rückgriff auf die behandelten ethischen Aspekte nachhaltiger verfolgen.
Als Grundlage für die Auseinandersetzung dienen Arbeiten von Autoren, die die ärztliche Indikations-stellung bereits diskutiert haben (z.B. F. Anschütz, K. Gahl). Aus theologisch-ethischer Sicht werden die hermeneutisch-ethischen Entwürfe von K. Demmer und D. Mieth zugrunde gelegt, weil diese interdisziplinäre, philosophische und sinnbezogene wie glaubensbezogene Elemente in ihrer Theorie verbinden. Zusätzlich sollen Aspekte der Arbeiten von H. Bouillard herangezogen werden, die nach dem Grund unterschiedlicher und gemeinsamer Auffassungen unter Menschen hinsichtlich des Lebens- und Werteverständnisses fragen und so Anknüpfungspunkte für das Verständnis des Arzt-Patientenverhältnisses bieten.